Bist du ganz dicht?!

Vor einiger Zeit, sagte ein Teilnehmer eines Kurses zu mir: "Ach, da wohnen Sie, da ist ja alles so schön grün."

Ich antwortete: "Damals vielleicht."

Er schaute mich verwundert an.

Hinterher dachte ich, dass war wohl ein wenig kurz geantwortet.

Aber inhaltlich stehe ich zu meiner Antwort.

 

Das Motto vieler Bauherren in meiner Wohngegend ist:

Verdichten. Verdichten. Verdichten.

Verdichten auf 'Grashalm bleibt weg'.

 

Es entstehen Häuser, die in meinen Augen aussehen wie:

  • Lagerhallen
  • Werkshallen
  • Bunker
  • Kasernen

Ja, mag sein, dass Menschen das hübsch finden. Ich tue es nicht. In meinen Augen hat das so gar nichts mehr mit 'dem Häuschen im Grünen' zu tun.

 

Dazu kommt, dass diese Häuser fast alle keine Gärten haben. Also kein bzw. kaum Grün. Kein Platz für Insekten, Pflanzen und der Erdung nach einem Arbeitstag. Geht ja auch nicht. wenn auf einem ca. 1000 m² Grundstück, gern mal 3 oder 4 (!) Häuser gebaut werden.

Statt dem früheren Einfamilienhaus mit grünem Rasen, Blumern und Pflanzen, sind es jetzt häufig komplett gepflasterte Grundstücke. Bevorzugte Farbe der Häuser, Pflastersteine, Fliesen, Fenter, Türen und Carports sind weiß, hellgrau, mittelgrau, dunkelgrau, oliv und schwarz.

Vieles ist allerdings schwer zu erkennen, weil die Zäune, der "Häuser im Grünen" gern mal zwei oder mehr Meter hoch sind. Von Erdgeschoss haben die so das 'ich schau auf die Mauer Feeling'.

Aber alles ehemalige Ost-Berliner können das nicht sein, denke ich.

 

Meine ganz persönliche Beobachtung sagt mir, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Höhe der Zäune und des Baustils des Hauses gibt. Also der Bunkerstil hat auch einen hohe und dunklen Zaun. Die sehr seltenen roten Bullerbü (Holz-) Häuser haben einen bunten, insektenfreundlichen und 'warmen' Garten.

 

Und sollte man mal Einblick auf das Grundstück bekommen, dann sieht man auf dem 10 m² Rasen, tatsächlich einen Rasenroboter.

Die Ruhe, die ein schöner Garten ausstrahlt, die Erdung, die man durch Gartenarbeit erfährt ist denen wahrscheinlich nie bekannt gewesen. Diese Menschen tun mir leid.

Ich nenne diesem Baustil immer 'depressiver Bunkerbau'.

 

Besonders Mitleid habe ich allerdings mit denen, die neben diesen 'modernen' Häusern wohnen. Die haben keinen Klotz am Bein, sondern vor dem Fenster.

 

Aber vielleicht lieben diese Menschen auch die südeuropäische Enge. Wir alle kennen doch diese engen Gassen, in denen man fast den Himmel nicht mehr sehen kann und die Wäscheleine über die Straße gezogen wird.

 

In Südeuropa hat das Flair. Hier am Hamburger Standrand wirkt das auf mich erschreckend kalt.

 

Und die Gärten dieser dicht an dicht gebauten Häuser, verdienen den Namen Garten eigentlich nicht. Über das fehlende Grün habe ich schon gesprochen. Aber diese Grundstücke sind durch die Verdichtung auch so klein, dass Bewohner ab Schugröße 43 schon echt Probleme bekommen, mit ihren Füßen nicht das Nachbargrundstück zu betreten.

 

Meine Fragen:

  • Wer wohnt in diesen Häusern?
  • Und wieso ziehen so viele 'ins Grüne' und vernichten jedes Grün auf ihrem Grundstück?
  • Warum muss man ein Haus beziehen, wenn man keinen Garten liebt?

Wahrscheinlich ist das nur ein Statussymbol. Genau so wie Kind, Hund, schwarzers SUV und 3 mal im Jahr in Urlaub usw. - ich bin aber auch wirklich zu blöd für die Neuzeit.

 

"Ach, da wohnen Sie, da ist ja alles so schön grün."

Alles ist relativ.